Unternehmensnachfolge mit einer Genossenschaft
Coop Buyout / Workers' Buyout
Die Unternehmensnachfolge zu sichern, stellt für viele kleine und mittelständische Unternehmen eine große Herausforderung dar. Statt den Betrieb an Investor:innen zu verkaufen, kann es sinnvoll sein, die Nachfolge durch eine Genossenschaft aus dem Kreis des Managements und der Mitarbeitenden durch einen sogenannten Coop Buyout oder Workers' Buyout zu ermöglichen. Dabei wird das Unternehmen von denjenigen Menschen weitergeführt, die mit dem Unternehmen bereits verbunden sind und in diesem arbeiten. So kann das firmenspezifische Fachwissen erhalten und eine breitere Identifikation mit dem Unternehmen ermöglicht werden.
Für die Belegschaft hat die Fortführung des Unternehmens als Genossenschaft folgende Vorteile:
✔ Der eigene Arbeitsplatz wird gesichert
✔ Fachwissen und Unternehmenskultur bleiben erhalten
✔ Die Belegschaft ist in die Führung des Unternehmens involviert
✔ Die Mitarbeitenden sind stärker am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt
So gelingt die Umwandlung einer GmbH in eine eG
Für die Umwandlung einer GmbH (oder einer anderen Rechtsform) in eine eingetragene Genossenschaft (eG) gibt es zum einen die Möglichkeit des Formwechsels, bei dem das Unternehmen in eine andere Rechtsform überführt wird. Oder aber die Mitarbeitenden gründen zunächst eine Genossenschaft, die anschließend innerhalb eines gewissen Zeitraums alle Anteile am bestehenden Unternehmen übernimmt. Ein Coop Buyout hat viele Vorteil: So werden mehr Mitarbeitende des Unternehmens zu Miteigentümer:innen und können somit die zukünftige strategische Ausrichtung des Unternehmens mitgestalten. Das fördert die Verantwortungsübernahme, die Bindung ans eigene Unternehmen und das unternehmerische Denken der einzelnen Mitarbeitenden. Um die Nachfolge durch eine Umwandlung in eine Coop zu realisieren, ist ein hohes Maß an Transparenz und Kommunikation zwischen den Abgebenden und Nachfolgenden notwendig – und nicht zuletzt die Bereitschaft, das Wohl des Unternehmens über die privaten Interessen der jeweiligen Parteien zu stellen. Für diesen komplexen Sozialprozess lohnt es sich, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen und sich rechtzeitig mit den genossenschaftlichen Strukturen und Logiken auseinanderzusetzen.
Erfahrungsberichte aus unserer Community
»Die entscheidende Frage ist, wer die Verantwortung am besten übernehmen kann. Unsere klare Antwort: Nur die Mitarbeitenden selbst. In der Genossenschaft können sie die Zukunft des Unternehmens aktiv mitgestalten. Das erhöht die Zufriedenheit und Zustimmung zu strategischen Entscheidungen.«
Sophia Breth von der iteratec nurdemteam eG zeigt uns, wie eine IT-Firma mit 500 Mitarbeitenden über einen Zeitraum von mehreren Jahren in den Besitz der Belegschaft übertragen werden kann.
Weiterlesen...
Bei YouTube ansehen
Fallbeispiel Übernahme einer GmbH: iteratec nurdemteam eG
Iteratec ist eine IT-Dienstleistungsfirma, die 1996 von den beiden derzeitigen Inhabern gegründet wurde. Bei der Frage, wer das Unternehmen einmal an ihrer Stelle weiterführen sollte, schlossen sie einen Verkauf an Dritte aus. Schließlich wollten sie die einzigartige Unternehmenskultur und die beruflichen Perspektiven der Mitarbeitenden erhalten.
Warum eine Nachfolge als Genossenschaft?
Schnell wurde deutlich: Nur die Mitarbeitenden würden in der Lage sein, das Unternehmen so weiterzuführen, wie sie es kennengelernt hatten. Somit gründete die Belegschaft die iteratec nurdemteam eG, die nach und nach alle Anteile an der weiterhin bestehenden iteratec GmbH übernehmen sollte. Finanziert wird die noch andauernde Übernahme durch ein Darlehen der Gründer, das die eG mittels Gewinnausschüttungen über einen längeren Zeitraum zurückzahlt.
Alle Mitarbeitenden der iteratec GmbH können Mitglied bei der iteratec nurdemteam eG werden – und erfreulicherweise nimmt ein Großteil der Belegschaft diese Möglichkeit wahr. Das ist auch im Interesse des Unternehmens, denn dadurch wird eine demokratische Basis für zukünftige Geschäftsentscheidungen geschaffen.
Learnings aus der Unternehmensnachfolge
In den ersten Jahren nach der Gründung der Genossenschaft standen vor allem organisatorische Fragen im Mittelpunkt, etwa die Gestaltung der miteinander verzahnten Gremien in der GmbH und der eG sowie die Schaffung von Möglichkeiten für digitale Abstimmungen. Da diese Fragen inzwischen größtenteils geklärt sind, rücken Zukunftsperspektiven verstärkt in den Fokus. So beraten die Mitglieder beispielsweise darüber, wie die Gewinnausschüttungen der GmbH investiert werden sollen, sobald das Darlehen für die Übernahme zurückgezahlt wurde.
»Die Genossenschaft passt perfekt zu uns als Selbstorganisation. Wirklich! gemeinsam gestalten und verantworten wir unser Unternehmen.«
Tim Weilkiens von der oose eG schildert den Werdegang eines Beratungsunternehmens, das niemals nur einigen Wenigen gehören sollte. Claudia Henke von Platform Cooperatives Germany ergänzt seinen Vortrag, indem sie uns das Konzept des “Workers Buyout” vorstellt.
Weiterlesen...
Bei YouTube ansehen
Fallbeispiel Umwandlung einer GmbH: oose eG
Bei oose handelt es sich um ein Beratungs- und Trainingsunternehmen mit 40 Angestellten, das 1998 als GmbH gegründet wurde. Über die Jahre arbeitete das Team zunehmend selbstorganisiert, was schließlich auch Auswirkungen auf die gewählte Rechtsform haben sollte.
Warum eine Nachfolge als Genossenschaft?
Für oose war die Umwandlung in eine Genossenschaft eine strategische Entscheidung, um das Unternehmen in die Hände der Menschen zu legen, die es am besten kennen: die Mitarbeitenden. In der Satzung der Genossenschaft ist die Förderung der beruflichen Weiterentwicklung und wirtschaftlichen Tätigkeit der Mitarbeitenden fest verankert – daneben steht die Zufriedenheit der Kunden an erster Stelle. Um beides miteinander in Einklang zu bringen, verzichtet oose auf Profitmaximierung und strebt stattdessen ein Gewinnniveau an, das dem Unternehmen ein zufriedenstellendes Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit sichert.
Learnings aus der Unternehmensnachfolge
Die vom oose-Team gelebte Arbeitsweise auf Augenhöhe zeigte bei der Rechtsform der GmbH immer wieder das Spannungsfeld zwischen der gewünschten Verteilung von Verantwortung auf alle Beteiligten und die Eigentumskonzentration bei einigen wenigen Inhaber:innen auf. Die Genossenschaft bot sich mit ihren demokratischen Strukturen daher als alternative Rechtsform an. Inzwischen agiert oose bereits seit 10 Jahren als eG – nichtsdestotrotz arbeitet das Team kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Organisation. Die Erfahrungen aus der eigenen Unternehmensnachfolge gibt oose in Workshops an andere Unternehmen weiter.
»Die Bereitschaft sich selbst zu reflektieren, Vertrauen im Team und eine offene Kommunikation sind die Grundlagen für neue Formen von Zusammenarbeit.«
Sophia Krebber und Laura Jungnickel von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) präsentierten uns die Ergebnisse ihrer wissenschaftlich begleiteten Zusammenarbeit mit einer Kfz-Werkstatt in Brandenburg, die eine mitarbeitergeführte Genossenschaft als Mitgesellschafterin erhalten soll.
Weiterlesen...
Bei YouTube ansehen
Ressourcen
Erfahrungsberichte
- Unternehmensnachfolge als Genossenschaft
- Rettung von Handwerksbetrieben mit einer Genossenschaft
- Plan B: Nachfolge dringend gesucht, Betriebsübergabe leicht gemacht
- ADG Scientific - Unternehmensnachfolge durch Mitarbeitergenossenschaft
- Podcast-Folge von "Vitamin G": Im Gespräch mit Andreas Melzner von der CI one eG
Weiterführende Informationen zum Umwandlungsprozess
Beratungsangebote für die Umwandlung in eine Genossenschaft
Erhalte ein Mal im Monat:
→ Praxiswissen für deine Genossenschaft
→ Einladungen zu Community-Events
Newsletter abonnieren