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Verant­wort­ungs­eigentum und Genossen­schaften

Session vom Barcamp 2024




Verantwortungseigentum (VE) und Genossenschaften (eG) sind beides Bausteine zur Förderung von "purpose beyond dividends" – doch wie stehen sie zueinander?

Die Session behandelte die Kernprinzipien des VE und den aktuellen Stand des Gesetzgebungsvorhabens zur Schaffung einer eigenen Rechtsform für VE.

Anhand dieser Inhalte wurden gemeinsam die Schnittmengen und Unterschiede zwischen VE und eG beleuchtet.

Dies waren wesentliche Erkenntnisse der Session:

I. Zwei Prinzipien des Verantwortungseigentums

Eigenständigkeit

Die Kontrolle über das Unternehmen bleibt immer bei Personen, die dem Unternehmen innerlich verbunden sind und seine langfristigen Werte tragen. Verantwortungseigentümer:innen sind grundsätzlich natürliche Personen, d. h. Menschen. Es gibt keine automatische Vererbung und das Unternehmen wird nicht als Spekulationsgut gehandelt. Es bleibt in der „Fähigkeiten- und Werte-Familie“.

Capital-Lock

Gewinne sind Mittel zum Zweck und nicht persönliches Vermögen der Verantwortungseigentümer:innen. Das Unternehmensvermögen dient der Unternehmensentwicklung, wird reinvestiert oder gemeinnützig gespendet. Verantwortungseigentümer sind keine Vermögenseigentümer. Sie haben jedoch umfassende Gestaltungsmacht, um das Unternehmen auf künftige Herausforderungen anzupassen oder grundlegend neu auszurichten.

II. Wesentliche Ziele des Verantwortungseigentums

Grundlage für Purpose-Ökonomie: Weil Verantwortungseigentümer:innen nur Stimm- aber keine Gewinnrechte haben, sind Profite per Definition nur Mittel zum Zweck des Unternehmens und der unternehmerischen Entscheidungsfindung. Damit eignet sich das Konzept besonders für die Ausrichtung an der Purpose-Ökonomie.

Prägung von Anreizen bei der Unternehmensführung: Verantwortungseigentümer:innen haben weniger Anreize zur grenzenlosen Profitsteigerung unter Ausblendung von Stakeholderinteressen. Damit eignet sich das Konzept für eine Stakeholder-orientierte Unternehmensführung unter Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Folgen unternehmerischen Handelns.

Neue Gestaltungsoptionen in der Unternehmensnachfolge: Die Stellung als Verantwortungseigentümer*in wird nicht vererbt oder verkauft. Stattdessen wird sie innerhalb einer "Fähigkeiten- und Wertefamilie" weitergegeben. Damit kann Gestaltungsmacht auch an Beschäftigte weitergegeben werden, die einen Erwerb des Unternehmens nicht zum Marktpreis stemmen könnten.

Förderung dezentraler Wertschöpfung: Durch Erhaltung selbstständiger Unternehmen wird eine dezentrale Unternehmenslandschaft gefördert, die Innovation und Wettbewerb begünstigt.

III. Gemeinsamkeiten mit Genossenschaften

Sowohl Genossenschaften als auch VE gehen über Profite als Selbstzweck hinaus. VE hat den Capital-Lock, die Genossenschaft hat den Förderzweck, der sog. "Dividendengenossenschaften" nicht zulässt. Damit fördern beide Konzepte purpose-orientiertes Wirtschaften.

IV. Unterschiede zu Genossenschaften

Genossenschaften sind zwingend demokratisch organisiert, während VE verschiedene Governance-Modelle zulässt. In Produktivgenossenschaften sind z. B. grundsätzlich alle Angestellten auch Mitglieder und damit gleichrangig entscheidungsbefugt. VE erlaubt in dieser Hinsicht mehr Flexibilität: Unternehmen in VE können sich sehr demokratisch organisieren (und viele tun dies praktisch auch), sie können allerdings auch ihre Entscheidungsfindung stärker konzentrieren und konventioneller ausrichten.

Die eG kennt als Rechtsform keinen Capital-Lock. Mitglieder können eine Genossenschaft liquidieren und spätestens dann auf ihr Vermögen zugreifen. Beim VE ist der Capital-Lock hingegen dauerhaft abgesichert – auch gegen spätere Mehrheitsentscheidungen. Es ist jedoch denkbar, eine Genossenschaft in VE zu schaffen. Ein erstes Beispiel hierfür ist die Habitat Weine eG. Es wäre zudem denkbar, eine neue Variante der Genossenschaft mit Vermögensbindung einzuführen.

Fazit

Genossenschaften und Verantwortungseigentum haben viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede. Sie ergänzen sich gut und lassen sich kombinieren.

Die Session wurde von Noah Neitzel gegeben. Nachfragen können gerne an per E-Mail an Noah gerichtet werden.





Ergebnisse der Session

Ergebnisse der Session "Verant­wort­ungs­eigentum und Genossen­schaften"







Alle Ergebnisse

Alle Ergebnisse findest du in der Übersicht auf der Barcamp-Seite.

Barcamp 2024